Ambulante Pflege: Gut gepflegt zuhause leben

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Ambulante Pflege kann dann zum Einsatz kommen, wenn eine Person altersbedingt oder infolge einer Krankheit pflegebedürftig wird und auf die Hilfe anderer angewiesen ist. In dem Fall unterstützen pflegende Angehörige und/oder professionelle Pflegekräfte eines Pflegedienstes den Betroffenen in seinem häuslichen Umfeld. Die vielfältigen Leistungen der ambulanten Pflege sollen es Pflegebedürftigen ermöglichen, bestmöglich in ihrer vertrauten Umgebung versorgt zu werden. Dazu gewährt die Pflegeversicherung pflegebedürftigen Versicherten verschiedene Zuschüsse.

pflege.de informiert über die vielfältigen Leistungen der ambulanten Pflege, die Vorteile von häuslicher Pflege und gibt Tipps, was bei der Auswahl eines Pflegedienstes zu beachten ist.

Inhaltsverzeichnis

Ambulante Pflege: Definition

Mit ambulanter Pflege, auch „häusliche Pflege“ genannt, erhalten Pflegebedürftige medizinische, pflegerische und hauswirtschaftliche Versorgung in ihrem Zuhause. Die ambulante Pflege und Betreuung von Pflegebedürftigen kann sowohl durch professionelle Pflegekräfte eines ambulanten Pflegedienstes als auch durch pflegende Angehörige erfolgen. Ambulante Pflegedienste kommen bei Bedarf mehrmals in der Woche oder mehrmals täglich zum Betroffenen nach Hause und unterstützen ihn sowie seine Angehörigen bei alltäglichen Aufgaben.

Info
Ambulante Pflege auch am Arbeitsplatz möglich

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat in einem Urteil vom 17.08.2022 festgestellt, dass die „häusliche Pflege“ allein eine Abgrenzung zur stationären Pflege (Pflegeheim) darstellt.(1) Auch eine pflegenahe Versorgung am Arbeitsplatz gilt demnach als häusliche Pflege und kann ambulante Pflege umfassen.

Ambulante Pflege: Möglichkeiten & Formen

Gehen mit dem Älterwerden altersbedingte Krankheiten und körperliche sowie geistige Einschränkungen einher, sind Betroffene zunehmend auf eine Betreuung und pflegerische Versorgung angewiesen. Es beginnt mit alltäglichen Aufgaben wie beispielsweise der eigenen Körperpflege oder dem Einkaufen von Lebensmitteln, die Senioren nicht mehr selbstständig bewältigen können. Trotz des Umstands wünschen sich viele von ihnen, weiterhin zuhause wohnen zu bleiben. Dann übernehmen meist Angehörige die Pflege und Betreuung ihres pflegebedürftigen Familienmitglieds.

Tipp
Sichern Sie sich als pflegender Angehöriger ab

Pflegen Sie als Angehöriger Ihr pflegebedürftiges Familienmitglied mindestens 14 Stunden pro Woche zuhause oder können Sie aufgrund der Pflegetätigkeit Ihren eigentlichen, sozialversicherungspflichtigen Beruf weniger als 30 Wochenstunden ausüben, sind Sie automatisch renten- und unfallversichert. Mehr zur sozialen und rechtlichen Absicherung für pflegende Angehörige erfahren Sie in unserem Ratgeber Pflegende Angehörige.

Falls Angehörige nicht genügend Zeit aufbringen können, um den Pflegebedürftigen optimal zuhause zu pflegen, gibt es andere Möglichkeiten der ambulanten Pflege. Dann können ambulante Pflegedienste oder das Angebot einer 24-Stunden Betreuung zum Beispiel durch eine sogenannte „Polnische Pflegekraft“ in Anspruch genommen werden. In vielen Pflegehaushalten teilen sich pflegende Angehörige und professionelle Pflegekräfte eines Pflegedienstes die Pflege und Betreuung des Betroffenen. In dem Fall kommen ambulante Pflegedienste – je nach Bedarf – stundenweise zum Betroffenen nach Hause, um sie zu unterstützen und Angehörige zu entlasten. Im Rahmen der Verhinderungspflege übernehmen Pflegedienste hingegen die vollständige Versorgung des Pflegebedürftigen.

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Häusliche Pflege: Aufgaben eines ambulanten Pflegedienstes

Zu den einzelnen Leistungen, die ausgebildete Pflegekräfte übernehmen, gehören zum Beispiel:

  • Medizinische Behandlungspflege nach SGB V: Medikamentengabe, Verbandswechsel, Injektionen(2)
  • Grundpflege: Hilfe bei der Körperpflege, Ernährung, Mobilität, Positionierung und Förderung von Ressourcen sowie Training von Fähigkeiten
  • Hauswirtschaftliche Versorgung: Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung
  • Seniorenbetreuung: Beschäftigung, Spaziergänge, Begleitung zu kulturellen Veranstaltungen
  • Beratung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen: Pflegekurse für Angehörige, Beratung zu Pflegeeinstufung, Anwesenheit beim Besuch des Gutachters vom Medizinischen Dienst (MD, früher: MDK) oder MEDICPROOF
  • Regelmäßige Beratungs- bzw. Qualitätssicherungsbesuche gemäß § 37.3 SGB XI bei pflegenden Angehörigen, die ihren Pflegebedürftigen allein versorgen (Pflegegeldempfänger).(3)
  • Verhinderungspflege

Vorteile der ambulanten Pflege auf einen Blick

Die ambulante Pflege im gewohnten Umfeld ist die Pflegeform, die sich die meisten Senioren wünschen. Die folgende Auflistung zeigt Ihnen wesentliche Vorteile der ambulanten Pflege:

  • Der Pflegebedürftige kann in seinem vertrauten Umfeld wohnen bleiben.
  • Die Betreuung und Versorgung werden auf die individuellen Bedürfnisse des Betroffenen abgestimmt und in einem Pflegevertrag festgehalten.
  • Pflegende Angehörige werden bei der Pflege ihres Familienmitglieds durch die Unterstützung ambulanter Pflegedienste entlastet.
  • Das geschulte Pflegepersonal kann ihr Wissen an Angehörige weitergeben und ihnen wertvolle Pflege-Tipps geben, um gegebenenfalls Fehler bei der Pflege zuhause zu vermeiden.
Tipp
Installieren Sie einen Hausnotruf für zusätzliche Sicherheit

Ergänzend zur ambulanten Pflege durch einen Pflegedienst ist es ratsam, einen Hausnotruf zu installieren. Wenn mal kein Pflegedienst und kein Angehöriger im Haus sind, kann so die Sicherheit jederzeit garantiert werden. Ein Hausnotruf ist ein anerkanntes Hilfsmittel und wird in der Regel von den Kassen mitfinanziert, wenn ein Pflegegrad vorhanden ist.

Ambulante Pflege: Leistungskataloge & Preislisten

Die Kosten für einen ambulanten Pflegedienst und die verschiedenen Einzelleistungen lassen sich nicht pauschal nennen, denn sie richten sich grundsätzlich nach zwei Faktoren:

  1. Der Leistungskatalog, der von Bundesland zu Bundesland variiert.
  2. Die Vergütungssätze, die die Pflegekasse für die Leistungskomplexe bestimmt.

Die Kosten für ambulante Pflegedienstleistungen unterscheiden sich also nicht nur in den einzelnen Bundesländern, sondern auch von Anbieter zu Anbieter.

In den Leistungskatalogen und Preislisten von ambulanten Pflegediensten finden Sie 17 bis 30 sog. verrichtungsbezogene Leistungskomplexe, darunter z. B. kleine Grundpflege oder große Grundpflege. Woraus diese Leistungskomplexe im Einzelnen bestehen, legt dabei jedes Bundesland selbst fest. Ein Pflegedienst oder die Krankenkasse am Wohnort Ihres pflegebedürftigen Angehörigen informiert Sie über Anzahl und Umfang der Leistungskomplexe.

Kosten für häusliche Pflege & Kostenübernahme

Weil jeder Pflegebedürftige ganz unterschiedliche Hilfen benötigt, lassen sich der Umfang und damit auch die Kosten für die ambulante Pflege nicht pauschal nennen. Vorausgesetzt der pflegebedürftige Versicherte hat mindestens Pflegegrad 2, kann die Übernahme der Kosten für häusliche Pflegeleistungen bei der zuständigen Pflegekasse beantragt werden. In der Regel übernimmt die Pflegeversicherung die Kosten bis zu einem bestimmten Höchstbetrag. Bei Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst, kann der Pflegebedürftige Pflegesachleistungen beantragen. Wird er durch einen Angehörigen gepflegt, hat er Anspruch auf Pflegegeld.

Teilen sich professionelle Pflegekräfte und pflegende Angehörige die häusliche Pflege des Betroffenen, können Versicherte im Rahmen der sogenannten Kombinationsleistung anteilig Pflegegeld und Pflegesachleistungen erhalten. Für privat versicherte pflegebedürftige Menschen gilt: Anstelle der Pflegesachleistung gilt die Kostenerstattung in der Höhe der sozialen Pflegeversicherung.

Tipp

Bei den Investitionskosten handelt es sich um Betriebsausgaben wie etwa Mietkosten oder Leasingraten für das Firmenauto, die ein Pflegedienst aufwenden muss. Sofern der Pflegedienst keine öffentlichen Fördermittel erhält, darf er die Investitionskosten auf Sie umlegen.

Ambulante Pflege mit Pflegegrad: Leistungen im Überblick

Die folgende Tabelle veranschaulicht Ihnen die verschiedenen Leistungsansprüche, die Versicherten – je nach Pflegegrad – für ambulante Pflegeleistungen zustehen. Weitere Leistungen für die Pflege finden Sie im Ratgeber Pflegeleistungen.

Pflegegrad Pflegegeld

(bei Versorgung durch einen Angehörigen)

Pflegesachleistung

(bei Versorgung durch einen ambulanten Pflegedienst)

Pflegegrad 1
Pflegegrad 2 332 € monatlich 761 € monatlich
Pflegegrad 3 573 € monatlich 1.432 € monatlich
Pflegegrad 4 765 € monatlich 1.778 € monatlich
Pflegegrad 5 947 € monatlich 2.200 € monatlich
Info
Rechenbeispiel für ambulante Pflege

Herr B. benötigt rund zweimal in der Woche eine große Grundpflege (Leistungskomplex Ganzwaschung, mit Lagern/Betten und selbstständiger Nahrungsaufnahme) und dreimal in der Woche eine kleine Grundpflege (Leistungskomplex Teilwaschung, mit Lagern/Betten und selbstständiger Nahrungsaufnahme). Darum kümmert sich ein ambulanter Pflegedienst. Am Wochenende kümmert sich seine Tochter um ihn und sie versorgt auch den Haushalt. Sein Pflegedienst berechnet für diese Leistungen monatliche Kosten von zum Beispiel 860 Euro. Hätte Herr B. den Pflegegrad 2, dann würde die Pflegeversicherung 761 Euro dieser Kosten übernehmen. Es bliebe für Herrn B. in diesem Fall ein monatlicher Eigenanteil in Höhe von 99 Euro.

Neben Pflegegeld und Pflegesachleistungen haben Versicherte, die mindestens den Pflegegrad 2 haben, zusätzlich Anspruch auf Leistungen der Tages- und Nachtpflege. Der Anspruch richtet sich nach dem jeweiligen Pflegegrad. Zudem können Pflegebedürftige mit mindestens Pflegegrad 2 einen Zuschuss in Höhe von 1.774 Euro im Jahr für die Kurzzeitpflege und 1.612 Euro jährlich für Verhinderungspflege erhalten.

Unabhängig von der Höhe des Pflegegrades, können alle versicherten Pflegebedürftigen zudem folgende Leistungen beanspruchen:

  • Betreuungs- und Entlastungsleistungen (125 Euro/Monat),
  • zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (bis zu 40 Euro/Monat),
  • Zuschüsse zum Hausnotruf (25,50 Euro/Monat)
  • Zuschüsse zur Wohnraumanpassung (4.000 Euro/je Maßnahme)

 

Info
Steigende Leistungen in 2024 und 2025?

Das am 26.05.2023 verabschiedete Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) sieht eine Erhöhung von Pflegegeld und Pflegesachleistungen um jeweils 4,5 Prozent zum 01.01.2024 und noch einmal zum 01.01.2025 vor. 

Checkliste: Wie finde ich den passenden Anbieter?

Schritt 1 – Fragen Sie sich: Was ist Ihrem Angehörigen wichtig? Worauf legen Sie Wert?

In Deutschland betreiben freie Träger wie zum Beispiel gemeinnützige Vereine, Wohlfahrtsorganisationen und Kirchen, aber auch Kommunen (öffentliche Träger) und privatgewerbliche Unternehmer ambulante Pflegedienste. Welcher Träger hinter welchem ambulanten Pflegeanbieter steckt, muss bei Ihrer Auswahl nicht unbedingt ausschlaggebend sein. Es sei denn, Sie haben ganz persönliche Motive, zum Beispiel, weil Sie sich aus Glaubensgründen bei einem kirchlichen Träger besser aufgehoben fühlen.

Entscheidend können noch viele andere Faktoren sein. Bevor Sie sich aber nach einem potenziellen Pflegedienst umsehen, ist es sinnvoll, Ihren persönlichen Pflege- und Betreuungsbedarf zu ermitteln. Überlegen Sie daher, welche pflegerischen Tätigkeiten Ihr Angehöriger übernehmen kann und welche Hilfen der ambulante Pflegedienst übernommen werden soll. Fragen Sie sich, ob der ambulante Pflegedienst Sie bei der Körperpflege oder bei der hauswirtschaftlichen Versorgung unterstützen soll oder ob Sie ihn zur Betreuung benötigen, beispielsweise zum Vorlesen oder Spazierengehen.

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Schritt 2 – Werden Sie aktiv: Suchen Sie einen passenden Pflegedienst

Nachdem Sie mit Ihrem Angehörigen über seine Wünsche und Vorstellungen gesprochen haben oder Sie Ihren eigenen Bedarf geklärt haben, suchen Sie einen ambulanten Pflegedienst. Bei der Auswahl des Anbieters kann Ihnen folgende Checkliste helfen:

  • Bewertungen: Hören und schauen Sie sich aufmerksam um! Erkundigen Sie sich beispielsweise bei Pflegestützpunkten oder im persönlichen Kreis über Erfahrungen mit dem potentiellen Pflegedienst.
  • Qualifikation: Werfen Sie einen Blick in den sogenannten Transparenzbericht des Anbieters. Darin können Sie die Ergebnisse der Qualitätsprüfung einsehen. Transparenzberichte werden beispielsweise im Internet oder im Pflegestützpunkt verbraucherfreundlich und kostenfrei veröffentlicht,
  • Erfahrungswert: Je länger ein Pflegedienst besteht, desto eher können Sie davon ausgehen, dass seine Pflege- und Serviceleistungen von guter Qualität sind – das gilt vor allem in Städten, wo der Konkurrenzdruck besonders hoch ist.
  • Erster Eindruck: Machen Sie sich bei einem möglichst kostenlosen, persönlichen Gespräch einen ersten Eindruck von dem ambulanten Pflegedienst. Insbesondere Empathie und Engagement sind in der Pflege daheim wichtig.
  • Vergleichen Sie: Vereinbaren Sie gleich mit mehreren Pflegediensten einen Termin. So können Sie die Angebote der Anbieter besser vergleichen.
  • Leistungsangebot: Lassen Sie sich ausführlich über die Leistungen des Pflegedienstes informieren. Klären Sie, ob der ambulante Pflegedienst Ihren Leistungsansprüchen gerecht werden kann. Bietet er alle für Sie notwendigen Hilfen an oder ist er sogar auf Ihre individuellen Anforderungen spezialisiert?
  • Kostenvoranschlag: Lassen Sie sich vom Pflegedienst einen Kostenvoranschlag für ein konkretes Leistungsangebot erstellen, das Ihren Bedürfnissen entspricht! Werden die Kosten durch die Zuschüsse der Pflegekasse abgedeckt? Wie hoch ist der Anteil, den Sie aus eigener Tasche zuzahlen müssen?
  • Anspruch an das Pflegepersonal: Überlegen Sie, welche Ansprüche Sie an das Personal haben und fragen Sie nach, ob Sie immer von der gleichen Pflegekraft versorgt werden. Gerade in der Pflege zuhause ist es wertvoll, eine feste Bezugsperson zu haben, mit der Sie ein Vertrauensverhältnis aufbauen können.
Tipp
Lassen Sie sich bei der Entscheidung für einen ambulanten Pflegedienst beraten

Welchen ambulanten Pflegedienst Sie letztendlich wählen, müssen Sie nicht allein entscheiden. Treffen Sie die Entscheidung am besten gemeinsam mit Ihren Angehörigen oder anderen Vertrauten. Auch Pflegeberater unterstützen Sie bei allen Fragen rund um die Pflege! Wussten Sie, dass Sie mit anerkanntem Pflegegrad gesetzlichen Anspruch auf eine individuelle Pflegeberatung nach § 7a SGB XI haben?(4) Zudem können Sie als Pflegegeldempfänger einen Beratungsbesuch gemäß § 37.3 SGB XI beanspruchen.(3) Ab Pflegegrad 2 ist dieses sogar verpflichtend! Die Kosten dafür übernimmt Ihre zuständige Pflegekasse.

Pflegevertrag mit einem ambulanten Dienst: Darauf sollten Sie achten

Sobald Sie sich für einen ambulanten Pflegedienst entschieden haben, ermitteln Sie mit einem Berater im persönlichen Gespräch, welche Hilfen Sie konkret von dem Pflegefachpersonal benötigen. Der Pflegevertrag regelt anschließend Art und Umfang der Leistungen, die Ihr ambulanter Pflegedienst zukünftig erbringen soll.

Vor der Unterschrift unter dem Pflegevertrag gilt wie für alle Vertragsabschlüsse: Lesen Sie den Vertrag gründlich durch – auch das Kleingedruckte. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen und beraten Sie sich in aller Ruhe mit Ihren Angehörigen oder anderen Vertrauten. Darüber hinaus sollten Sie auf folgende Punkte achten:(5)

  • Vertragspartner
    Als Vertragspartner sollten ausschließlich Sie aufgeführt sein. Wenn Sie zur Unterzeichnung des Vertrags nicht in der Lage sind, kann Ihr gesetzlicher Betreuer in Ihrem Sinne unterschreiben. Angehörige dürfen nur dann an Stelle des Pflegebedürftigen unterschreiben, wenn es eine entsprechende Vollmacht gibt.
  • Leistungen und Kosten
    Der Vertrag muss genau auflisten, welche Leistungen der Pflegedienst erbringt und welche Kosten dafür entstehen. Für die Kostenerstattung bei der Pflegekasse ist wichtig, dass Pflegekosten und Investitionskosten klar voneinander getrennt und als solche ausgewiesen werden.
  • Absage von Einzelterminen
    Wie weit im Voraus müssen Sie einen Pflegetermin absagen, damit er Ihnen nicht in Rechnung gestellt wird? Diese Frage führt oft zu Streitigkeiten. Besser ist es, wenn Sie im Vertrag Klarheit schaffen. Angemessen ist eine Frist von 24 Stunden, in medizinischen Notfällen auch weniger.
  • Schadensersatz für Mehrkosten bei Ausfall
    Fällt der Pflegedienst aus, bleibt Ihnen oft keine andere Möglichkeit, als kurzfristig einen anderen Dienst zu beauftragen. Die dabei entstehenden Mehrkosten muss der Pflegedienst Ihnen ersetzen.(6) Auf andere Vereinbarungen sollten Sie nicht eingehen.
  • Haftung
    Pflegedienste haften für alle Schäden, die durch ihre Mitarbeiter verursacht wurden. Deshalb müssen sie ja eine Betriebs- oder Betriebshaftpflichtversicherung mit möglichst hoher Deckungssumme abschließen. Ein Vertragspassus wie etwa „nur bei grober Fahrlässigkeit“ ist nicht zulässig, der Pflegedienst haftet auch bei leichter Fahrlässigkeit. Personenschäden können beispielsweise „Wundliegen durch falsche Lagerung“ sein. Zu den Sachschäden zählen neben beschädigtem Geschirr oder Mobiliar auch verlorene Wohnungsschlüssel.
  • Kündigungsfristen
    Der Pflegevertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Ist keine Kündigungsfrist vereinbart, dann gilt die gesetzliche Frist von 14 Tagen. Sie können den Vertrag mit einem Pflegedienst aber fristlos kündigen, wenn Sie das Vertrauen in dessen Tätigkeit verloren haben. Der Vertrag sollte in jedem Fall während eines stationären oder teilstationären Aufenthalts ruhen und schließlich durch endgültigen stationären Aufenthalt oder Tod automatisch enden.
Info
Ein Pflegevertrag ist ein Dienstvertrag

Ein Pflegevertrag ist juristisch gesehen ein sogenannter Dienstvertrag. Das bedeutet, dass der Leistungserbringer (der ambulante Pflegedienst) im Rahmen der Vereinbarungen tätig werden muss. Das heißt: Er schuldet dem Leistungsnehmer (Ihnen als Auftraggeber) eine Leistung, aber keinen Erfolg seiner Tätigkeit. Die Leistungen müssen demnach pflegefachgerecht erbracht werden, jedoch ist der ambulante Pflegedienst nicht dafür zuständig, dass der Pflegebedürftige zum Beispiel nach einem Unfall wieder vollkommen gesund wird.

Häufig gestellte Fragen

Was ist ambulante Pflege?

Ambulante Pflege, auch „Häusliche Pflege“ oder „Mobile Pflege“ genannt, ist die pflegerische und hauswirtschaftliche Versorgung von pflegebedürftigen Menschen in ihrem häuslichen Umfeld. Oftmals übernehmen pflegende Angehörige die pflegerischen Aufgaben oder teilen sich diese mit mobilen Pflegediensten. Die vielfältigen Leistungen der ambulanten Pflege sollen es Pflegebedürftigen ermöglichen, optimal versorgt zu werden, ohne die vertraute Umgebung verlassen zu müssen.

Was sind Aufgaben der ambulanten Pflege?

Die folgenden Aufgaben werden im Rahmen der häuslichen Pflege durch pflegende Angehörige und/oder professionelle Pflegekräfte übernommen:

  • Körperbezogene Pflegemaßnahmen (wie beispielsweise Unterstützung bei der Körperpflege oder beim An- und Auskleiden)
  • Hilfe bei der Haushaltsführung (zum Beispiel beim Wohnungsputz)
  • Betreuung (zum Beispiel: Beschäftigung, Spaziergänge, Begleitung zu kulturellen Veranstaltungen
  • Behandlungspflege (zum Beispiel: Verbandswechsel, Verabreichen von Medikamenten)
  • Beratung der Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen (zum Beispiel: Vermittlung von Dienstleistungen für Senioren oder Organisation von Krankentransporten)
  • Verhinderungspflege
  • Tages- und Nachtpflege

Was kostet ambulante Pflege?

Da jeder Pflegebedürftige unterschiedliche Hilfen benötigt, lassen sich keine pauschalen Kosten nennen. Die Kosten für private Pflege zuhause richten sich nach dem individuellen Pflege- und Betreuungsbedarf des Pflegebedürftigen. Es kommt darauf an, welche ambulanten Pflegeleistungen der Pflegebedürftige benötigt und wie häufig er Hilfen von einer Pflegekraft braucht. Demnach schwanken die durchschnittlichen Kosten für häusliche Pflege sehr stark und können von durchschnittlich 500 Euro bis zu 2500 Euro im Monat betragen.

Die Pflegeversicherung übernimmt nur einen Teil der Kosten. Wie hoch dieser Anteil ist, hängt von dem Pflegegrad des Pflegebedürftigen ab. Alle darüberhinausgehenden Kosten muss der Pflegebedürftige selbst tragen.

Wer zahlt die ambulante Pflege?

Ambulante Pflegeleistungen werden grundsätzlich vom Pflegebedürftigen selbst gezahlt. Vorausgesetzt der Betroffene hat einen anerkannten Pflegegrad, gewährt ihm die Pflegeversicherung aber verschiedene Zuschüsse für die häusliche Pflege, die er in Anspruch nehmen kann. Dazu gehören:

  • Pflegesachleistung (ab Pflegegrad 2): Höhe richtet sich nach dem jeweiligen Pflegegrad
  • Pflegegeld (ab Pflegegrad 2): Höhe richtet sich nach dem jeweiligen Pflegegrad
  • Kombinationsleistung (ab Pflegegrad 2): Höhe richtet sich nach dem jeweiligen Pflegegrad
  • Tages- und Nachtpflege (ab Pflegegrad 2): Höhe richtet sich nach dem jeweiligen Pflegegrad
  • Kurzzeitpflege: 1.774 Euro
  • Verhinderungspflege: 1.612 Euro
  • Betreuungs- und Entlastungsleistungen (125 Euro/Monat),
  • zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel (bis zu 40 Euro/Monat),
  • Zuschüsse zum Hausnotruf (25,50 Euro/Monat)
  • Zuschüsse zur Wohnraumanpassung (4.000 Euro/je Maßnahme)

Was ist häusliche Krankenpflege?

Ähnlich wie die ambulante Altenpflege beinhaltet die ambulante Krankenpflege ebenfalls Aufgaben wie etwa die Grundpflege, die Behandlungspflege und die hauswirtschaftliche Versorgung. Den Schwerpunkt bilden bei häuslicher Krankenpflege allerdings behandlungspflegerische Leistungen. Dazu gehören Maßnahmen, die den Krankheitszustand des Patienten verbessern sollen.

Voraussetzung für alle Leistungen der häuslichen Krankenpflege ist, dass weder der Betroffene selbst noch eine andere im Haushalt lebende Person die notwendigen Pflegemaßnahmen selbst durchführen kann (§ 37 Abs. 3 SGB V). Darüber hinaus muss der zuständige Arzt die häusliche Krankenpflege verordnet haben. Diese ärztliche Verordnung muss bei der Krankenkasse eingereicht werden.

Wer trägt die Kosten für häusliche Krankenpflege?

Vorausgesetzt der Patient kann eine ärztliche Verordnung für häusliche Krankenpflege vorlegen, übernimmt seine gesetzliche Krankenkasse die Kosten für einen Zeitraum von bis zu 28 Kalendertagen.

Damit die Krankenversicherung die Kosten übernimmt, muss einer der folgenden Gründe aus der ärztlichen Verordnung hervorgehen:

  • Durch die ambulante Krankenpflege kann ein Krankenhausaufenthalt vermieden oder verkürzt werden.

Oder

  • Wenn eine schwere Krankheit oder eine deutliche Verschlimmerung der Krankheit vorliegt (zum Beispiel nach einem Krankenhausaufenthalt).

Oder

  • Die Häusliche Krankenpflege zur ärztlichen Behandlung beiträgt (zum Beispiel durch eine regelmäßige Wundversorgung)

Oder

  • Keine im Haushalt lebende Person die notwendigen Pflegemaßnahmen selbst durchführen kann.

Nichtsdestotrotz müssen Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, einen Eigenanteil übernehmen. Je Verordnung, müssen sie in der Regel 10 Euro sowie 10 Prozent der Kosten für die häusliche Krankenpflege zuzahlen. Das gilt für den begrenzten Zeitraum von 28 Kalendertagen.

Was sind Investitionskosten in der ambulanten Pflege?

Bei den Investitionskosten handelt es sich um betriebsnotwendige Aufwendungen des Pflegedienstes, die er dem Pflegebedürftigen teilweise in Rechnung stellen darf. Zu den Investitionskosten gehören beispielsweise Mietkosten oder Leasingraten für das Firmenauto, die der Pflegedienst zu tragen hat. Die Berechnung ist in §82 Abs. 3 Sozialgesetzbuch XI geregelt und berücksichtigt Investitionen, welche nicht durch die Pflegeversicherung finanziert werden. Die Höhe kann – je nach Bundesland – bis zu sieben Prozent der Pflegekosten betragen.

Wer zahlt die Investitionskosten für ambulante Pflege?

Die Investitionskosten müssen privat von dem Pflegebedürftigen bezahlt werden. Die Pflegeversicherung übernimmt diese nicht.

Wie kann man ambulante Pflege und stationäre Pflege vergleichen?

Grundsätzlich handelt es sich bei ambulanter und stationärer Pflege um zwei grundsätzlich verschiedene Pflegekonzepte.

Ein maßgeblicher Unterschied besteht in der Unterbringung des Pflegebedürftigen. Während die ambulante Pflege im häuslichen Umfeld des Betroffenen stattfindet, ist die stationäre Pflege immer mit dem Umzug in eine Einrichtung wie etwa ein Pflegeheim verbunden.

Außerdem haben Pflegebedürftige in einem Pflegeheim üblicherweise einen geregelten Tagesablauf und werden rund um die Uhr betreut, wohingegen ambulante Pflegedienste Betroffene oftmals nur stundenweise zuhause versorgen.

Wie weit im Voraus kann ich einen Termin beim Pflegedienst absagen?

Absagen können Sie immer, aber wenn die Absage zu kurzfristig ist, wird der Pflegedienst Ihnen den Termin trotzdem in Rechnung stellen. Wie weit im Voraus Sie den Termin kostenlos absagen können hängt vom Vertrag ab, den Sie mit dem ambulanten Pflegedienst geschlossen haben. Angemessen sind 24 Stunden, bei medizinischen Notfällen auch weniger.

Haftet der Pflegedienst für Mehrkosten, wenn dieser einen Termin absagt?

Fällt der Pflegedienst aus und es entstehen Mehrkosten für Sie, dann haftet dafür in der Regel der Pflegedienst. Sie müssen die konkreten Mehrkosten allerdings nachweisen können.

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Erstelldatum: 6102.10.82|Zuletzt geändert: 4202.20.6
(1)
openJur (2022): LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.08.2022 - L 2 SO 1906/18
https://openjur.de/u/2454193.html (letzter Abruf am 29.03.2023)
(2)
Sozialgesetzbuch V, § 37: Häusliche Krankenpflege
www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbv/37.html (letzter Abruf am 19.03.2021)
(3)
Sozialgesetzbuch XI, § 37: Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen
www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbxi/37.html (letzter Abruf am 19.03.2021)
(4)
Sozialgesetzbuch XI, § 7a Pflegeberatung
https://dejure.org/gesetze/SGB_XI/7a.html (letzter Abruf am 19.03.2021)
(5)
Verbraucherzentrale Berlin e. V. (2017): Der ambulante Pflegevertrag - Das sollten Sie beachten
https://www.pflegevertraege.de/gut-zu-wissen/der-ambulante-pflegevertrag-das-sollten-sie-beachten-13419 (letzter Abruf am 18.05.2022)
(6)
Deutsche Stiftung Patientenschutz (2018): Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung ambulanter Pflegeverträge
https://www.stiftung-patientenschutz.de/uploads/docs/PID_4_2018_Eckpunkte_ambulante_Pflegevertraege.pdf (letzter Abruf am 18.05.2022)
(7)
Bildquellen
Bild 1: ©istock.com/Eva Katalin Kondoros, Bild 2: © Robert Kneschke / Fotolia.com
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Interview

Experten-Tipps für Familien: Ambulante Versorgung zuhause

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Birgit Schwarz-Nenninger
Im Interview
Birgit Schwarz-Nenninger
Pflegeberaterin

Birgit Schwarz-Nenninger hat schon viele Seiten der Pflege gesehen: Nach dem Aufbau einer Einrichtung für betreutes Wohnen sowie einer WG für Demenzkranke hat sie eine Tagespflege geleitet. Sie war Pflegedienstleistung eines ambulanten Dienstes und hat zuletzt in einer vollstationären Einrichtung gearbeitet. Heute ist sie Pflegeberaterin.

Birgit Schwarz-Nenninger hat schon viele eigene Erfahrungen in der Pflege gesammelt – sowohl ambulant als auch stationär – und war unter anderem Pflegedienstleitung eines ambulanten Dienstes. Heute teilt sie im pflege.de-Magazin ihre Erfahrungen zur häuslichen Versorgung von Pflegebedürftigen und gibt Familien Tipps, worauf sie bei der Auswahl und Zusammenarbeit mit ambulanten Diensten achten sollten.

Liebe Birgit, die meisten Menschen wünschen sich, im eigenen Zuhause alt zu werden. Für welche Situation ist die ambulante Versorgung sowohl für die Betroffenen als auch ihre Angehörigen tatsächlich die ideale Versorgungsform?

Ich würde sagen immer dann, wenn ein entsprechendes Netzwerk aus privater Versorgung und professioneller Pflege gewährleistet ist. Da der Tag nun mal 24 Stunden hat, muss die Versorgung – je nach Betreuungs- und Pflegebedarf – zu jeder Zeit gewährleistet sein. Oft ergibt sich ein organisierter Betreuungsplan aus pflegenden Angehörigen und dem ambulanten Pflegedienst.

Kannst Du sagen, bei welchem Pflegebedarf die ambulante Versorgung sinnvoller ist als die stationäre Versorgung?

Da gibt es für mich keinen Unterschied. Es kann sowohl jemand mit Pflegegrad 1 und leichter Demenz als auch jemand mit Pflegegrad 4 zuhause gepflegt werden, wenn die Voraussetzungen dafür geschaffen sind. Damit meine ich eine barrierefreie Wohnung, die Schulung von Angehörigen in Bezug auf Transfer und Mobilisation, aber auch, dass Entlastungsmöglichkeiten für Angehörige bestehen. Denn keiner kann rund um die Uhr eine intensive Pflege leisten. Und selbst wenn man Unterstützung durch einen ambulanten Dienst bekommt, sind es ja immer nur kurze Zeiträume, die die ambulanten Pflegekräfte vor Ort sind. Daher muss ambulante Pflege auch akzeptieren, dass es Zeiten gibt, in denen der Pflegebedürftige alleine ist. Für diese Zeitfenster gibt es dann zum Beispiel den Hausnotruf.

Du hast gerade schon gesagt, dass die ambulante Pflege häufig durch Angehörige mit Unterstützung eines ambulanten Pflegedienstes organisiert wird. Was sollten Angehörige vor der Zusammenarbeit mit einem ambulanten Pflegedienst wissen?

Angehörige sollten akzeptieren können, dass sich fremde Leute im Haus bewegen. Das führen sich die wenigsten Angehörigen bewusst vor Augen und haben das Gefühl, ständig dabei sein zu müssen, wenn ihr Angehöriger von einer „fremden Person“ gepflegt wird. Das sorgt jedoch für eine angespannte Atmosphäre u. a. beim Pflegebedürftigen, so dass Angehörige das schnellstmöglich ablegen und den Pflegekräften vertrauen sollten.

Wenn sich Familien für einen ambulanten Pflegedienst entscheiden: Was ist Angehörigen und Betroffenen bei der häuslichen Versorgung am wichtigsten? Was liegt ihnen häufig am Herzen?

Mir sind immer wieder die zwei gleichen Dinge aufgefallen: 1. Vertrauen in die Pflegekräfte und 2. ein möglichst geringer Personalwechsel. Die Familien wünschen sich natürlich, dass jeden Tag und rund um die Uhr die gleiche Pflegekraft kommt. Das lässt sich aber nicht realisieren, da eine Pflegekraft ja auch nur acht Stunden arbeitet und mal Urlaub braucht und mal krank ist. Die Pflegekräfte wechseln sich zudem mit Früh- und Spätdiensten ab, so dass es schlichtweg unmöglich ist, dass rund um die Uhr sieben Tage die Woche nur eine Pflegefachkraft zum Patienten kommt. Genauso wenig ist dies ja auch im Krankenhaus und in stationären Einrichtungen wie einem Pflegeheim möglich.

Was viele ambulante Dienste aber durchaus anbieten, ist die sog. Bezugspflege: Dabei soll die ambulante Pflege durch möglichst wenige Pflegekräfte gestemmt werden und es gibt eine Bezugspflegefachkraft, die über alles Bescheid weiß und den Überblick behält. Sie selbst kommt zwar nicht jeden Tag selbst zum Pflegebedürftigen, hat aber ein Team aus Pflegehelfern um sich, die beim Patienten sind und regelmäßig Bericht erstatten. Dadurch überprüft sie konsequent die Pflegeplanung und ist der feste Ansprechpartner für Angehörige. In Abstimmung mit der Familie kann sie die Pflegeplanung auch verändern, falls sie beobachtet, dass bestimmte Maßnahmen keinen Erfolg zeigen.

Familien wünschen sich natürlich, dass jeden Tag und rund um die Uhr die gleiche Pflegekraft kommt
Birgit Schwarz-Nenninger

Das klingt nach einer guten Lösung für Angehörige als auch für den Betroffenen selbst. Gewährt denn jeder ambulante Pflegedienst Bezugspflege?

Nein, ich glaube nicht. Das ist aber keine böse Absicht des Pflegedienstes, sondern einfach dem akuten Personalmangel geschuldet. Es ist bei vielen ambulanten Diensten festgeschrieben, wird aber glaube ich nicht überall gelebt.

Info
Fragen Sie nach der Bezugspflege!

Angehörige können beim ambulanten Pflegedienst aber einfach nachfragen, ob Bezugspflege möglich ist. Es kostet nicht extra, daher kann es jeder in Anspruch nehmen, sofern es angeboten wird. Fragen Sie einfach gezielt nach!

mehr

Wie können sich Angehörige und der ambulante Dienst die Pflege am besten aufteilen? Ist es üblich, dass man sich abspricht, wer die Versorgung tagsüber und nachts übernimmt? Oder dass der Pflegedienst beispielsweise intime Tätigkeiten durchführt und die Angehörigen eher die Wäsche des Oberkörpers und die Mundpflege übernehmen?

In erster Linie ist es natürlich individuell. Aber ich finde schon, dass genaue Absprachen sehr wichtig sind, eben auf den Einzelfall abgestimmt. Gerade intime Pflegesituationen können besser von professionellen Pflegekräften durchgeführt werden, weil bei Angehörigen immer eine Hemmschwelle besteht. Da kommt das sog. Weißkittelsyndrom ins Spiel. Das bedeutet, dass intime Pflegesituationen von Betroffenen besser akzeptiert und eingeordnet werden, wenn sie von einer Pflegekraft im weißen Kittel anstatt von einem Angehörigen durchführt werden.

Gerade intime Pflegesituationen können besser von professionellen Pflegekräften statt Angehörigen durchgeführt werden.
Birgit Schwarz-Nenninger

Angehörige sollten aber auch Veränderungen gegenüber offen sein und ständig im Austausch mit dem Pflegedienst sein. Wenn man merkt, dass die Aufteilung der Betreuung nicht passt, sollte man Abläufe und Absprachen auch wieder verändern. Daher ist es auch sehr wichtig, sich mit dem ambulanten Pflegedienst immer abzusprechen, zu reagieren und ständig zu evaluieren, was die einzelnen Maßnahmen bringen. Und wenn sich Sachen nicht als gut erweisen, muss man sie eben auch ändern –auch das macht einen guten Pflegedienst aus.

Kennst Du aus Deiner Erfahrung ein Modell der Aufgabenteilung, mit dem viele Familien gut fahren und das oft gut funktioniert?

Ein Modell, das sich aus meiner Erfahrung bei vielen Familien bewährt hat, ist, dass man sich mit dem ambulanten Pflegedienst wirklich ganz genau über Pflegezeiten und Tätigkeiten abspricht. So kann beispielsweise der Pflegedienst am Morgen kommen, die große Grundpflege durchführen und den Pflegebedürftigen dann an den Frühstückstisch bringen. Dann kann der Ehepartner den gemütlichen Teil mit einem schönen Frühstück einläuten, der Betroffene ist gut betreut und beide haben eine schöne Zeit miteinander. Am Nachmittag kommt dann nochmal die Hauspflegekraft, die die großen Fenster putzt oder die Wäsche abnimmt und in der Zeit vor Ort ist. Der Angehörige hat in dieser Zeit freie Zeit für sich, kann spazieren oder einkaufen gehen. Wenn er wieder nach Hause kommt, kann er/sie mit seiner pflegebedürftigen Ehefrau oder dem Ehemann schön Kaffee trinken. Und am Abend kommt dann nochmal die Pflegekraft, macht denjenigen bettfertig und es kann in einen gemütlichen Abend übergehen. Das wäre zum Beispiel ein denkbares Modell.

Expertenmeinung

Geben Sie kritische Pflegesituationen an einen Pflegedienst ab. Egal ob Grundpflege, Betreuung oder Hauswirtschaft. So haben Sie mit dem Betroffenen die schönen Zeiten fernab der Pflege gemeinsam, das ist ganz ganz wichtig!

Birgit  Schwarz-Nenninger
Pflegeberaterin

Wie individuell können die ambulanten Pflegekräfte auf die Familien eingehen? Worum darf man den ambulanten Dienst bitten und was ist eher unrealistisch?

Klare Absprachen in Bezug auf pflegerische Tätigkeiten und Pflegezeiten sind immer möglich und eine offene Kommunikation vereinfacht die Zusammenarbeit. Angehörige sollten sich nicht scheuen, ihre ganz persönlichen Bedürfnisse anzusprechen. Zum Beispiel: Wenn es für Angehörige immer wichtig ist, dass rechts von der Auffahrt geparkt wird, dann sollten sie das einfach ansprechen. Oder wenn sie wünschen, dass immer zweimal geklingelt wird, damit sie wissen, dass es der Pflegedienst und nicht der Postbote ist. Also wirklich ganz kleine Sachen.

Und wenn es gar nicht geht, sollten sich Angehörige auch nicht scheuen, den Pflegedienst zu wechseln. Manchmal sind Pflegedienste auch dankbar, wenn der Vertrag aufgehoben wird, etwa weil der Anfahrtsweg ohnehin zu lang ist. Scheuen Sie sich also nicht, über alles mit dem ambulanten Dienst zu sprechen und die ideale Lösung für Ihren Betroffenen zu finden.

Woran erkennt man einen guten Pflegedienst? Gibt es Qualitätskriterien, auf die Familien bei der Auswahl achten können?

Ein persönliches Beratungsgespräch ist unabdingbar und ein seriöser ambulanter Dienst zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Pflegedienstleitung Zeit für das Gespräch mit der Familie nimmt und versucht, die bestmögliche Pflege für den Betroffenen zu organisieren. Ich würde keinen Pflegedienst empfehlen, der einfach kommt und erst mal ins Blaue hinaus pflegt, ohne dass ein Gespräch zwischen einer verantwortlichen Pflegekraft und Angehörigen stattgefunden hat.

Ein seriöser ambulanter Dienst nimmt sich viel Zeit für das erste Gespräch mit der Familie.
Birgit Schwarz-Nenninger

Zur Orientierung für die Verbraucher wurden vom Gesetzgeber ja Siegel wie die Pflegenoten des MD eingeführt. Sind diese Siegel Deiner Meinung nach verlässlich und können sich Angehörige daran orientieren?

Meine ehrliche Meinung ist „nein“. Ich halte davon nichts. Es gibt ja diverse Siegel für die Qualität der Pflege und es ist immer eine Sache der Zertifizierung. Stationäre Einrichtungen wie Pflegeheime und ambulante Dienste können auf eine Zertifizierung hinarbeiten, das kostet eine Menge Geld. Ich glaube, dass es dabei schwarze Schafe gibt, die nur auf die Prüfung hinarbeiten. Es gibt ja inzwischen kaum noch Pflegedienste oder Einrichtungen, die eine schlechtere Pflegenote als eine 1,0 oder eine 1,3 haben. Eigentlich sind ambulante Dienste mit einer schlechteren Note oftmals die aufrichtigeren, weil sie nicht nur auf die Prüfung hinarbeiten. Pflegedienste wissen genau, was geprüft wird, das ist im Vorwege alles bekannt. Und man kann sich darauf einstellen und die Sachen bei der Prüfung und dann eben auch auf dem Papier gut haben und gar nicht in der Umsetzung.

Die Pflegesiegel sind daher meines Erachtens nicht verlässlich. Die Prüforgane sind bestimmt gut, aber man kann das beeinflussen. Und es ist kein adäquater Vergleich, da auch nicht alle ambulanten Dienste das gleiche Siegel haben.

Mein Tipp an Familien lautet vielmehr: Sprechen Sie persönlich mit dem ambulanten Dienst! Wie tritt mir der erste Mitarbeiter des ambulanten Dienstes gegenüber, den ich treffe? Und wenn es nur so ist, dass Pflegedienst xy jedes Mal von meinen Nachbarn kommt und immer halb in meiner Auffahrt steht und ich ihn darauf anspreche. Wenn die Pflegekraft sagt „Tut mir leid, wir versuchen das in Zukunft zu berücksichtigen“, dann ist das für mich schon das erste Qualitätskriterium. Aber wenn die Pflegekraft einfach wieder ins Auto steigt und wegfährt und jedes Mal wieder da parkt, dann ist irgendwas falsch. Weiche Sachen zählen vielmehr als die harten Zahlen, finde ich. Angehörige sollten sich auf ihr Bauchgefühl verlassen.

Wann sollten Familien am Wunsch, zuhause wohnen zu bleiben, nicht weiter festhalten und stattdessen für ihren Pflegebedürftigen die vollstationäre Pflege in einem Heim in Anspruch nehmen?

Dafür gibt es mehrere mögliche Szenarien. Allgemein kann man sagen: Immer dann, wenn eine psychische oder physische Gefährdung vorliegt – sowohl für den Pflegebedürftigen als auch für den pflegenden Angehörigen. Wenn es beispielsweise nachts häufiger vorkommt, dass der Pflegebedürftige alleine aufsteht und fällt, kann der Angehörige ja nicht mehr ruhig schlafen und sich erholen. Die permanente Betreuung tagsüber und nachts kann in der ambulanten Versorgung niemand abdecken, die stationäre Einrichtung hingegen schon.

Ein Umzug in eine stationäre Einrichtung ist auch dann richtig, wenn alle Hilfsmittel für die ambulante Versorgung ausgeschöpft sind und nicht mehr reichen oder wenn die Angehörigen gar nicht vor Ort wohnen und den steigenden Pflegebedarf im häuslichen Umfeld nicht decken können. Oder aber, wenn Angehörige die Situation zuhause einfach nicht mehr aushalten. Solche nicht aushaltbare Situationen kann man zunächst gut über die Kurzzeitpflege ausprobieren und schauen, wie sich die Situation entwickelt, wenn der Betroffene nicht mehr zuhause wohnt. Angehörige können ihren Pflegebedürftigen ja während der Kurzzeitpflege trotzdem die ganze Zeit in der stationären Einrichtung besuchen und bei ihm sein, wenn sie möchten. Heutzutage gibt es ja auch Pflegeheime, in denen Angehörige mit im Zimmer schlafen können, wenn sie das wollen.

Als Alternative zum Pflegeheim bleibt natürlich auch noch die Möglichkeit der 24-Stunden-Pflege, sofern die finanziellen Mittel dafür vorhanden sind.

Vielen Dank, liebe Birgit, für das spannende Interview. Hast Du noch einen abschließenden Tipp für alle Familien, die Ihre Angehörigen zuhause unterbringen möchten, den Du ihnen mit auf den Weg geben möchtest?

Im Gesetz steht „ambulant vor stationär“ – das finde ich gut! Jeder hat ein Zuhause, das kann auch eine Wohneinrichtung sein. Ich habe zum Beispiel auch schon ein Wohnheim für ehemals obdachlose Männer mit betreut. Die Senioren sind dann nicht in ein Pflegeheim gekommen, sondern wir als ambulanter Dienst haben sie in dieser Wohngemeinschaft versorgt. Jeder hat in irgendeiner Form ein Zuhause und ich finde es immer besser, die ambulante Versorgung zumindest auszuprobieren. Es gibt für so viele Situationen eine gute Lösung!

Erstelldatum: 7102.50.01|Zuletzt geändert: 4202.20.5
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